Das Urteil ist gefallen: Der frühere Top-Manager Thomas Middelhoff muss drei Jahre ins Gefängnis. Das hat das Landgericht Essen entschieden. Einer der spektakulärsten Wirtschaftsprozesse dürfte damit aber noch nicht zu Ende sein.
Das Landgericht Essen hat den ehemaligen Spitzenmanager Thomas Middelhoff zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt – ohne Bewährung. Der 61 Jahre alte frühere Arcandor-Chef war wegen Untreue in 44 Fällen angeklagt. Als Vorstandsvorsitzender hatte er sich von dem krisengeschüttelten Kaufhauskonzern in den Jahren zwischen 2005 und 2009 ganz oder teilweise privat veranlasste Flüge im Wert von 800.000 Euro bezahlen lassen. Teilweise reiste er dabei mit Charterjets nach London und New York, ferner flog er häufig mit dem Hubschrauber zwischen seinem Wohnsitz in Bielefeld und der Arcandor-Zentrale in Essen.
Ebenfalls angelastet worden ist ihm eine 180.000 Euro teure Festschrift zu Ehren des früheren Bertelsmann-Chefs Mark Wössner. Die Verteidiger werden voraussichtlich Revision einlegen. Der Prozess dauerte länger als ein halbes Jahr.
Middelhoff lebt mittlerweile in St. Tropez und ist zudem in mehrere Zivilklagen in vielfacher Millionenhöhe verstrickt. Viele davon drehen sich um geschlossene Immobilienfonds, mit denen er Geld verloren hat. Die Folge: Der 61 Jahre alte Exmanager ist – nach eigenen Angaben – nicht insolvent, aber doch ziemlich wenig flüssig. Weshalb ein Gerichtsvollzieher jüngst sogar seine Armbanduhr pfändete und im Internet versteigerte.
Am Dienstag will nun das Landgericht Köln einen Prozess eröffnen, der den Kern des Middelhoffschen Dilemmas betrifft. Dort klagt er nämlich gegen die ehemalige Privatbank Sal. Oppenheim, die seine Konten eingefroren hat, weil sie eigene Forderungen gegen ihn geltend macht. Da er seither keinen Zugriff auf einen erheblichen Teil seiner Ersparnisse hat, dürfte die Finanzierung seines aufwendigen Lebensstils im französischen Saint-Tropez einen ziemlichen Balanceakt bedeuten. Eine ganze Meute von Gläubigern ist bereits hinter ihm her.
Und als wäre das alles noch nicht genug, hat auch das Oberlandesgericht Hamm noch ein gewichtiges Wörtchen mitzureden. Eigentlich wollte es schon vor Tagen eine Entscheidung über Bonuszahlungen in Millionenhöhe verkündet haben, die der Insolvenzverwalter der Kaufhauskette zurückfordert. Die Berufungsrichter haben den Termin jetzt aber auf den 10.Dezember verschoben. Auch Schadensersatzforderungen des Verwalters in dreistelliger Millionenhöhe stehen im Raum, haben bisher vor Gericht aber nur wenig Unterstützung gefunden.
Autor: Joachim Jahn, FAZ.NET
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