LAG Niedersachsen, Urteil vom 11.11.2024 – 7 SLa 306/24
Ehe sich ein Hinweisgeber auf § 36 Abs. 1 Hinweisgeberschutzgesetz berufen kann – Verbot von Repressalien – muss er beweisen, dass er sich als Whistleblower betätigt hat. Das hat das LAG Niedersachsen entschieden und die Berufung eines Juristen gegen seine Kündigung während der Probezeit zurückgewiesen. (Urteil vom 11.11.2024 – 7 SLa 306/24).
Sachverhalt
Der Kläger, als Leiter Recht im Bereich Corporate Office bei der Beklagten beschäftigt, meldete während seiner Tätigkeit zahlreiche Rechtsverstöße, die möglicherweise im Zusammenhang mit seiner Kündigung stehen. In seinem Anstellungsvertrag sind eine Probezeit von sechs Monaten sowie eine Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende festgelegt. Die Kündigung des Klägers erfolgte mit Schreiben vom 28. September 2023, in dem als Kündigungsgrund angeführt wurde, dass die Erwartungen an den Kläger nicht erfüllt worden seien.
Verbot von Repressalien nach § 36 HinSchG
Gemäß § 36 HinSchG sind gegen hinweisgebende Personen gerichtete Repressalien verboten. Die vorliegende Kündigung könnte als solches Repressalien bewertet werden, jedoch hat das Gericht festgestellt, dass der Kläger nicht hinreichend dargelegt hat, dass der sachliche Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes eröffnet ist. Nach den Beweislastregeln hätte der Arbeitnehmer darlegen und belegen müssen, welche Meldung er konkret wann und wo getätigt habe und inwieweit sie für die Kündigung ursächlich war. Auch das Maßregelverbot nach § 612a BGB kann bei dieser Beweislage nicht helfen, so die Richter, weil auch hier dieselben Regeln gelten. Damit wurden die Voraussetzungen für einen Repressalienanspruch gemäß § 36 HinSchG als nicht gegeben erachtet.
Arbeitsrechtliche Thematiken
Im Hinblick auf die Kündigungsfrist argumentierte der Kläger, dass die Kündigung aufgrund der Nichteinhaltung der einmonatigen Kündigungsfrist unwirksam sei. Das Gericht befand jedoch, dass die Kündigung im Rahmen der zulässigen Auslegung als fristgerecht zum 31. Oktober 2023 umgedeutet werden kann. Die Beklagte hatte in der Kommunikation mit dem Betriebsrat von einer „ordentlichen Kündigung innerhalb der Probezeit“ gesprochen, was die Interpretation der Kündigungsfrist beeinflusste.
Die ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrats ist entscheidend für die Wirksamkeit der Kündigung. Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte den Betriebsrat über die Gründe der Kündigung ausreichend informiert hatte, was dem § 102 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) entspricht. Der Betriebsrat hatte in seiner Stellungnahme zu dem Kündigungsgegenstand keine Einwände erhoben und somit das Anhörungsverfahren als abgeschlossen betrachtet.
Urteil
Das Arbeitsgericht entschied, dass die Kündigung nicht gegen § 36 HinSchG verstoße und die Kündigung wirksam sei. Zudem wurde die Kündigung in ihrer Auslegung als fristgerecht zum 31. Oktober 2023 anerkannt. Die Berufung des Klägers wurde für unzulässig und unbegründet erachtet.
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