Nein, ein Radfahrer ist Rainer Buchert nicht. Dennoch soll er es bei der Rad-WM in Stuttgart zum Besten richten. Der Rechtsanwalt aus dem Frankfurter Westend wurde zum Anti-Doping-Ombudsmann berufen. Er soll vertrauliche Informationen aus der Mitte und dem Umfeld des Radsports entgegennehmen und auswerten – ob von Coaches, Fahrern, Betreuern oder Managern. Der Ombudsmann ist Teil der Anti-Doping-Vereinbarung zwischen den Radverbänden und der Stadt Stuttgart.
Buchert freut sich auf die „spannende Aufgabe“. Er weiß, was auf ihn zukommt. Rainer Buchert (60) arbeitet seit sieben Jahren als Ombudsmann großer Unternehmen, soll dort Korruption und Manipulationen bekämpfen. Die Deutsche Bahn berief ihn ebenso wie der Handelsriese Rewe oder – ein besonderes Schmankerl – der VW-Konzern mitten in seiner unappetitlichen Affäre. Eins zu eins könne man die Aufgabe nicht auf die Rad-WM übertragen, aber das „Grundprinzip“: „Es ist ein Angebot an Menschen, die von Unregelmäßigkeiten wissen, aber das nicht offenlegen wollen.“ Aus Erfahrung weiß er, dass die Infogeber meist „ziemlich nah dran am Geschehen sind“. Würden sie sich öffentlich äußern, hätten sie mit „Mobbing bis hin zur Entlassung“ zu rechnen. Auch im Radsport, wo ziemlich viel Geld verdient werde.
Rainer Buchert ist schon optisch nicht der Draufgängertyp. Eher ein gemütlicher, ruhiger Mensch, einer mit unglaublicher Freude an kniffligen Themen allerdings. Früh ging der Hesse zur Polizei, studierte in Frankfurt Jura, promovierte am Institut für Kriminologie und war 14 Jahre lang beim Bundeskriminalamt in Wiesbaden. Eine aufregende Zeit. 1977, kaum in der Abteilung Terrorbekämpfung, erlebte der junge Jurist die Entführung von Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer. Später war der BKA-Mann in aller Welt Rauschgiftbossen auf der Spur. Und in ihm wuchs die Erkenntnis, dass der „Bestechungsäquator“ keineswegs südlich der Alpen liegt. Dass er in der SPD ist, hat ihm schon mal geschadet: 1999 schmiss ihn die hessische Landesregierung als Polizeipräsident von Offenbach raus. Vergessen, sagt Buchert milde. So habe er seine Bestimmung gefunden: Verfolgung und Vereitlung von Korruption. Nun auch im Auftrag einer CDU-Bürgermeisterin.
„Da ist viel Psychologie im Spiel“, erzählt Buchert. „Die Leute kommen aus ganz altruistischen Motiven.“ Mal ertragen sie nicht, dass „manche sich die Taschen voll machen“, mal „stinkt‘s ihnen einfach“. Moral banal. Buchert kann zuhören, Schlüsse ziehen – und schweigen. Ob schon erste Hinweise eingegangen seien? Ja, sagt er, „die Wüste lebt“. Das sei das Positive an diesem Pilotprojekt. Seine leisen Erfolge indes könnten die Top-News der Rad-WM sein.
Autorin: Gabriele Renz
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