Auskunftsverweigerungsrecht

Grundsatz des Auskunftsverweigerungsrechts

Das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO beruht auf dem rechtsstaatlichen Prinzip, dass niemand gezwungen werden darf, gegen sich selbst oder einen nahen Angehörigen auszusagen. Die Norm ist ausschließlich dem Schutz des Zeugen und seiner nahen Verwandten und nicht dem des Beschuldigten oder anderer Prozessbeteiligter gewidmet.

Abgrenzung zum Zeugnisverweigerungsrecht

Anders als das Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 52 StPO steht § 55 nicht in einem direkten Zusammenhang mit der Beziehung des Zeugen zum Beschuldigten und berührt dessen Rechtskreis nicht. Das Auskunftsverweigerungsrecht führt nicht – auch nicht indirekt – zur Verhinderung falscher Aussagen des Zeugen oder zur Wahrheitsfindung. Es dient vielmehr dem individuellen Schutz des Zeugen.

Anwendungsbereich des § 55 StPO

§ 55 StPO gilt nicht nur für gerichtliche Vernehmungen, sondern auch für Befragungen durch die Staatsanwaltschaft und die Polizei. Es ist wichtig zu betonen, dass das Auskunftsverweigerungsrecht bereits ab Beginn der Aussage gilt und nicht erst bei einer spezifischen Befragung nach § 69 Abs. 2 StPO in Kraft tritt. Der Zeuge hat das Recht, die Beantwortung einzelner Fragen zu verweigern, wobei der Begriff „Fragen“ nicht eng ausgelegt werden sollte. Er bezieht sich auf Situationen, in denen die Antwort den Zeugen oder seine Angehörigen potenziell der Strafverfolgung aussetzt, unabhängig davon, wie diese angesprochen werden.

Einschränkungen des Auskunftsverweigerungsrechts

Der Zeuge hat jedoch nicht das Recht, die gesamte Aussage zu verweigern. In bestimmten Fällen kann es jedoch so eng mit einem möglichen strafbaren Verhalten verbunden sein, dass das Recht zur Auskunftsverweigerung einem vollständigen Zeugnisverweigerungsrecht gleichkommt (Mosaiktheorie), etwa wenn der Zeuge in die Tat involviert ist. Es handelt sich strukturell weiterhin um ein Auskunftsverweigerungsrecht und nicht um ein vollständiges Zeugnisverweigerungsrecht gemäß §§ 52, 53 StPO. Dabei spielt es für die Anwendung von § 55 keine Rolle, ob die Informationen zur Entlastung oder Belastung des Beschuldigten herangezogen werden.

Angehörige und deren Definition

Nach § 55 Abs. 1 StPO bezieht sich der Begriff der Angehörigen auf die in § 52 Abs. 1 genannten Personen. Das Auskunftsverweigerungsrecht ergänzt damit das Zeugnisverweigerungsrecht, hat jedoch eigenständige Bedeutung, wenn der Angehörige, zu dessen Vorteil die Auskunft verweigert wird, nicht zugleich Beschuldigter im Verfahren ist.

Voraussetzungen für das Auskunftsverweigerungsrecht

Das Auskunftsverweigerungsrecht besteht nur, wenn dem Zeugen bei wahrheitsgemäßer Aussage die Verfolgung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit droht. Diese Gefahr muss sich auf eine bereits begangene Tat beziehen. Es genügt nicht, dass der Zeuge durch seine Aussage möglicherweise selbst eine Straftat begehen könnte. Auch drohende Strafverfolgung im Ausland reicht aus, während disziplinare oder berufsgerichtliche Verfolgungen kein Auskunftsverweigerungsrecht im Strafverfahren begründen.

Besondere Anwendungsbereiche

Das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 gilt auch in Fällen wie einer drohenden Abgeordneten- oder Ministeranklage sowie in Verfahren, die unter das Grundgesetz fallen, etwa zur Verwirkung von Grundrechten. Für Beamte oder Soldaten gilt, dass die Wahrheitspflicht sie nicht zur Selbstbelastung wegen eines Dienstvergehens zwingt.

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