Schuldumfang der Beitragsvorenthaltung
Der Umfang der Schuld bei Straftaten der Beitragsvorenthaltung gemäß § 266a StGB – insbesondere im Zusammenhang mit illegalen, jedoch versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen wie Schwarzlohnzahlungen und Scheinrechnungen – wird stark durch das brutto ermittelte Entgelt bestimmt. Dieses orientiert sich an sozialversicherungsrechtlichen Maßstäben. Die Berechnung der fälligen Sozialversicherungsbeiträge erfolgt gemäß den Vorschriften des Sozialgesetzbuches IV, konkret nach § 28d SGB IV.
Schätzung des Schuldumfangs
In Fällen, in denen keine verlässlichen Informationen über die tatsächlich gezahlten Schwarzlöhne vorliegen und der Tatbestand des strafbaren Verhaltens des Angeklagten dennoch erwiesen ist, kann der Schuldumfang – vergleichbar mit anderen Vermögensdelikten – durch Schätzung bestimmt werden. Die für die Berechnung der Grundlagen bei Steuerhinterziehung nach § 370 AO von der Rechtsprechung formulierten Prinzipien finden hier sinngemäße Anwendung.
Grundsatz der wohlwollenden Auslegung
Die Schätzung muss dem Grundsatz Rechnung tragen, dass zugunsten des Angeklagten unüberwindbare Zweifel zu berücksichtigen sind. Das bedeutet, dass das Gericht im Falle von Unklarheiten oder fehlenden Dokumenten eine wohlwollende Auslegung zur Feststellung des Mindestschuldumfangs vornehmen sollte.
Methode 1: Hochrechnung der Scheinrechnungen
Es wird geschätzt, dass circa 80-90 % der Scheinrechnungssummen für Schwarzlöhne verwendet wurden. Üblicherweise beträgt die Provision der Rechnungsschreiber 8-12 %. Bei einer Annahme von 20 % kann diese Provision als „Sicherheitszuschlag“ interpretiert werden.
Die Hochrechnung des Nettolohns auf das Bruttoarbeitsentgelt erfolgt auf Basis des für illegale Beschäftigungsverhältnisse geltenden Eingangssteuersatzes der Lohnsteuerklasse VI.
Methode 2: Schätzung anhand der monatlichen Umsätze
Die zweite Methode basiert auf den monatlichen Umsätzen des Unternehmens, wobei anerkennungsfähige Fremdleistungen, wie Zahlungen an tatsächlich beschäftigte Subunternehmer und Kosten für Betriebsmittel, abgezogen werden. Unter Berücksichtigung einer üblichen Lohnquote von 66,66 % (laut BGH) schätzt das Gericht die Lohnsummen auf Basis dieser bereinigten Umsätze.
Hierbei werden sowohl die an die Einzugsstellen gemeldeten Arbeitsentgelte des Unternehmens als auch die von den „Servicegesellschaften“ gemeldeten Löhne abgezogen. Anschließend berechnet das Gericht die abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge vom verbleibenden Betrag.
Benötigen Sie eine Rechtsberatung?
Wir beraten und vertreten Privatpersonen und Unternehmen in Ermittlungsverfahren und Strafverfahren bundesweit und vor allen Gerichten. Profitieren Sie von unserer langjährigen Erfahrung und unserer Kompetenz in Sachen Strafverteidigung.