Fristsetzung für Beweisanträge

Bei der Möglichkeit einer Fristsetzung für Beweisanträge durch das Gericht stehen das Recht auf eine effektive Verteidigung und zu besorgende Verfahrensverzögerung durch Beweisanträge im Spannungsfeld.

Grundsätzlich gilt nun gem. § 244 Abs. 6 S. 4 StPO, dass Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, im Urteil beschieden werden können. Dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrages vor Fristablauf nicht möglich war. Die Umstände, die eine rechtzeitige Stellung unmöglich gemacht haben, sind ggf. vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

Angesichts der mit der Regelung einhergehenden Eingriffe in Art. 103 Abs. 1 GG sowie in Art. 6 EMRK ist die Regelung eng zu verstehen.

Vgl. hierzu auch BT-Drs. 18/11277, 35: „Es muss sich der Verdacht aufdrängen, dass Beweisanträge zu einem späteren Verfahrenszeitpunkt gestellt werden und diese Anträge aufgrund der erforderlichen Bescheidung durch begründeten Beschluss das Verfahren lediglich verzögern, ohne es weiter zu befördern.“

Ein etwaiger Verdacht der Verzögerung muss durch konkrete Umstände in dem jeweiligen Verfahren belegt sein.

Die Entscheidung, wann ein Beweisantrag gestellt wird, ist Ausfluss des Rechts auf eine effektive Verteidigung. Von der Verteidigung kann nicht erwartet werden, Beweisanträge zu einem bestimmten Zeitpunkt und gebündelt zu stellen. Beweisanträge dürfen zurückgehalten werden, um den Verlauf der Beweisaufnahme abzuwarten.

Tritt das Gericht nach Fristsetzung aufgrund gestellter Beweisanträge oder auch von Amts wegen wieder in die Beweisaufnahme ein, bedarf es einer erneuten Fristsetzung durch das Gericht. Die zurückliegende Fristsetzung ist obsolet, eine Bescheidung von zuvor und auch später gestellten Anträgen im Urteil kommt nicht in Betracht, solange nicht eine neue Frist gesetzt worden ist (KK-StPO/Krehl StPO § 244 Rn. 87e; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt Rn. 99; Becker in Löwe/Rosenberg Rn. 359l).

Auch nicht erledigte Beweisanträge, die nach der ersten Fristsetzung gestellt worden sind, müssen – wenn der Tatrichter wieder in die Beweisaufnahme eingetreten war – in der Hauptverhandlung beschieden werden.

Der Wiedereintritt in die Beweisaufnahme belegt, dass es an der gesetzlichen Voraussetzung, einer vollständigen gerichtlichen Aufarbeitung des notwendigen Beweisprogrammes gefehlt hat.

In seinem Beschl. v. 21.04.2021 – 3 StR 300/20 vertritt der BGH jedoch die Auffassung, dass der Wiedereintritt in die Beweisaufnahme die Bescheidung von nach Ablauf der ursprünglichen Fristsetzung gestellten Beweisanträgen einer Bescheidung im Urteil nicht entgegensteht. Eine Ausnahme soll nur für solche Beweisantritte gelten, die sich erst aus der Beweisaufnahme nach Wiedereintritt ergeben.

Die Möglichkeit, einen Beweisantrag, der nach Fristsetzung erfolgt im Urteil zu bescheiden, besteht nicht, wenn es unmöglich war, den Beweisantrag vor Fristablauf zu stellen. Entscheidend ist, dass ein Beweisantrag vor Fristablauf gestellt und ein bestimmtes Beweismittel hätte benannt werden können, wenn der Angekl. bzw. sein Verteidiger es gewollt hätten.

Angeklagter und Verteidiger müssen also dartun, dass sie nicht in der Lage waren, den Beweisantrag unter Benennung des bestimmten Beweismittels, das ihnen erst nach Fristablauf bekannt geworden ist, vor Fristablauf zu stellen.

 

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