Häufig stehen bei Steuerstrafverfahren gegen Gastronomiebetreiber aufgrund von nicht erklärten Erlösen Schätzungen des Umfangs der verkürzten Steuern durch das Tatgericht in Rede, die Grundlage für die Strafzumessung sind.
Solche – in bargeldintensiven Branchen häufig vorkommenden – Schätzungen sind zulässig, wenn zwar feststeht, dass der Steuerpflichtige einen Besteuerungstatbestand erfüllt hat, aber das Ausmaß der verwirklichten Besteuerungsgrundlagen ungewiss ist.
Oftmals schätzt das Gericht die Besteuerungsgrundlagen unter Heranziehung der Richtwerte für Rohgewinnaufschlagsätze aus der Richtsatzsammlung des Bundesministeriums für Finanzen. Dies ist dann statthaft, wenn andere Schätzungsmethoden nicht in Betracht kommen. Da dieses Schätzungsverfahren sehr grober Natur ist und die Rohgewinnaufschlagsätze auf bundesweite Prüfergebnisse rekurrieren, muss der Tatrichter bei der Anwendung der Richtsatzsammlung erkennen lassen, dass er die Umstände des Einzelfalls in den Blick nimmt. Dazu gehören insbesondere die örtlichen Verhältnisse und sonstige Besonderheiten des jeweiligen Gewerbebetriebes.
Ergeben sich im Rahmen der Beweiswürdigung Anhaltspunkte für eine positive Ertragslage, muss sich das Tatgericht im Rahmen der Ermittlung eines adäquaten Rohgewinnaufschlagsatzes nicht zugunsten des Angeklagten an den unteren Werten in der Richtsatzsammlung orientieren. Verbleiben indessen Zweifel, dürfen jedoch nicht ohne weiteres als wahrscheinlich angesehen Werte zugrunde gelegt werden. Vielmehr muss ein als erwiesen angesehener Mindestschuldumfang festgestellt werden.
Selbst wenn daher ein Mittelwert der Richtsatzsammlung für die Schätzung angesetzt wird, ist dieser im Einzelfall begründungsbedürftig.
Oftmals bieten solche Schätzungen aufgrund ihrer Fehleranfälligkeit ein gutes Angriffspotential für die Verteidigung.
Es ist daher für die Verteidigung geboten, den Ansatz des jeweiligen Richtwertes zu hinterfragen und besondere Umstände zugunsten des Mandanten herauszuarbeiten.
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