Neben den Schätzungen im Besteuerungsverfahren, kann es im Steuerstrafverfahren ebenfalls zu Schätzungen kommen. Diese unterliegen allerdings anderen Maßstäben.
Es beginnt bereits bei der Ermächtigungsgrundlage. Im Steuerstrafverfahren steht für das Recht bzw. die Pflicht einer Schätzung der Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung nach § 261 StPO iVm § 385 Abs. 1 AO bereit. Hiernach ist der Maßstab die volle tatrichterliche Überzeugung. Soweit sogenannte „unüberwindbare Zweifel“ bestehen, müssen sich diese zugunsten des Angeklagten auswirken. Jedoch werden völlig unwahrscheinliche oder lebensfremde Einlassungen nicht geeignet sein, die tatrichterliche Überzeugung zu erschüttern.
Ein elementarer Unterschied zum Besteuerungsverfahren besteht in Ansehung des nemo tenetur Grundsatzes darin, dass Verstöße des Steuerpflichtigen gegen Mitwirkungspflichten für sich genommen nicht zur Schätzung berechtigen. Ferner dürfen daraus keine Schlussfolgerungen zulasten des Beschuldigten gezogen werden.
Übernimmt der Strafrichter aufgrund der Sachnähe der Behörden Schätzungen des Finanzamtes oder der Steuerfahndungsstelle, muss er diese eigenständig überprüft und sich von ihrer Richtigkeit überzeugt haben. Unzureichend ist es daher, wenn der Tatrichter von denjenigen Schätzungswert zugrunde legt, für den die höchste Wahrscheinlichkeit spricht.
Die ungeprüfte Übernahme von Schätzungsergebnissen ist keine Seltenheit. Umso wichtiger ist eine versierte Strafverteidigung, die die tatgerichtliche Beweiswürdigung kritisch betrachtet und Erfahrung in Steuerstrafverfahren vorzuweisen hat.
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