Vorläufige Festnahme

Vorläufige Festnahme gemäß § 127 StPO

§ 127 der Strafprozessordnung (StPO) legt die Bedingungen für eine vorläufige Festnahme fest, die vor der Erlassung eines Haftbefehls erfolgen kann. Es wird zwischen folgenden Festnahmeberechtigungen unterschieden:

  1. Allgemeine Festnahmebefugnis (Absatz 1 Satz 1), die jeder Person zusteht; zur Identitätsfeststellung (Absatz 1 Satz 2).
  1. Festnahmebefugnis der Staatsanwaltschaft und Polizei (Absatz 2), die auf Verhaftung abzielt.

Zusätzlich regeln § 127b StPO (Anordnung der Hauptverhandlungshaft) und § 183 Satz 2 GVG (Festnahmen im Gerichtssaal) weitere Aspekte. Das Verfahren für die vorläufige Festnahme wird durch §§ 128 und 129 StPO bestimmt. Die allgemeinen straf- und zivilrechtlichen Bestimmungen zu Notwehr und Notstand bleiben unberührt. Absatz 4 wurde im Rahmen des Gesetzes zur Änderung des Untersuchungshaftrechts am 29. Juli 2009 eingeführt und trat am 1. Januar 2010 in Kraft.

A. Vorläufige Festnahme auf frischer Tat

Nach § 127 Absatz 1 der Strafprozessordnung (StPO) hat jeder das Recht, eine Person vorläufig festzunehmen, wenn diese auf frischer Tat betroffen oder verfolgt wird und entweder der Verdacht auf Flucht besteht oder die Identität der Person nicht sofort festgestellt werden kann. Diese Regelung überträgt den Bürgern eine wichtige öffentliche Funktion, schafft jedoch keine Verpflichtung zur vorläufigen Festnahme.

Die Festnahme stellt einen Eingriff in die durch das Strafgesetzbuch (StGB) geschützte Freiheit des Festgenommenen dar, insbesondere hinsichtlich der Willensentschlussfreiheit, Willensbetätigung und Fortbewegungsfreiheit. Dieser Eingriff bleibt bestehen, solange die Freiheitsentziehung aufrechterhalten wird. Unter den gesetzlichen Voraussetzungen des § 127 Abs. 1 StPO ist dieser Eingriff in die persönliche Freiheit jedoch gerechtfertigt, was bedeutet, dass die Festnahme nicht als rechtswidrig angesehen wird und eine Notwehrlage nicht vorliegt.

In Fällen, in denen keine notstandsfähige Gefahr besteht, ist die Gegenwehr des Festgenommenen nicht durch Notstand gestützt. Dies bedeutet, dass die Person, die vorläufig festgenommen wird, in einem solchen Fall nicht rechtlich autorisiert ist, sich der Festnahme zu widersetzen.

Es ist zu beachten: „Wenn eine Person auf frischer Tat betroffen oder verfolgt wird und außerdem der Verdacht auf Flucht besteht oder ihre Identität nicht umgehend festgestellt werden kann, ist jeder berechtigt, sie auch ohne richterlichen Beschluss vorläufig festzunehmen. Die Identitätsfeststellung erfolgt durch die Staatsanwaltschaft oder Polizeibeamte gemäß § 163b Absatz 1 StPO.“

B. Vorläufige Festnahme durch Staatsanwaltschaft und Polizei

Im Falle einer Gefahr im Verzug sind sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Beamten der Polizei befugt, eine vorläufige Festnahme anzuordnen, wenn die Voraussetzungen für einen Haft- oder Unterbringungsbefehl vorliegen. Dabei müssen sie nicht unbedingt Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft sein.

„Gefahr im Verzug“ liegt vor, wenn die Festnahme gefährdet wäre, falls zunächst ein richterlicher Haft- oder Unterbringungsbefehl eingeholt werden müsste. Der Polizeibeamte muss sorgfältig die Umstände des Einzelfalls prüfen und zu dem Schluss kommen, dass eine Gefahrenlage tatsächlich besteht. Es ist wichtig, dass diese Beurteilung nachvollziehbar und plausibel ist, um die Rechtmäßigkeit des Handelns zu gewährleisten.

Die Anwendung einer zu großzügigen Auslegung des Begriffs „Gefahr im Verzug“ könnte den Richtervorbehalt untergraben. Eine willkürliche Feststellung der Zuständigkeit oder besonders schwerwiegende Verstöße könnten dazu führen, dass die Festnahme im Rahmen der Eilkompetenz unrechtmäßig ist. Ein Antrag der Staatsanwaltschaft auf Erlass eines Haftbefehls, der vom Ermittlungsrichter abgelehnt wird, schließt jedoch nicht automatisch die Möglichkeit einer vorläufigen Festnahme wegen derselben Straftat aus, es sei denn, die früheren Ablehnungsgründe wurden durch neue Umstände ausgeräumt.

Sollte die vorläufige Festnahme unrechtmäßig gewesen sein, bedeutet dies nicht automatisch, dass die Angaben des Beschuldigten bei der Polizei nicht verwertbar sind. Ein Verwertungsverbot gilt nur bei schwerwiegenden Verstöße, etwa wenn die Freiheitsentziehung gezielt zur Erzwingung einer Aussage genutzt wird.

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